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Demoversion-Bild

Schon immer hat die Menschen der Blick zum Himmel fasziniert. Dort konnten sie regelmäßig wiederkehrende Ereignisse wie Tag und Nacht, Mondphasen und Jahreszeiten beobachten. Es gab aber auch unerwartete oder unregelmäßig eintretende Phänomene wie Sonnen- oder Mondfinsternisse oder das Auftreten von Kometen.

Der Mensch und der Kosmos

Die Menschen waren schon immer bestrebt, für all die Erscheinungen am Himmel Erklärungen zu finden, die zu einem besseren Verständnis der Welt und damit auch zu einem Selbstverständnis des darin lebenden Menschen führen.

Anfangs dachten die Menschen, dass über­natürliche Kräfte und Gottheiten für die Abläufe am Himmel verantwortlich sind. Aber schon früh wurden Modelle entwickelt, die astronomische Beobachtungen auf natürliche Abläufe zurückführten.

Das geozentrische Weltbild

Die Weltkarte ist historisch gesehen immer der unmittel­barste Ausdruck unserer Vorstellungen von der Erde und unserer engeren Heimat gewesen. Vor fast 3 500 Jahren wurde in Mesopotamien jene erste Weltkarte in Ton geritzt, die unsere Erde als runde Scheibe im Weltmeer schwimmend darstellt.

Babylonisches Weltbild
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Sie wurde in den folgenden Jahrhunderten widerlegt. Es wurden immer wirklichkeits­getreuere Erdkarten erarbeitet, von den Entwürfen der Griechen bis zur Weltkarte des Eratosthenes, der in Alexandria vor gut 2 200 Jahren die Kugel­gestalt der Erde nachwies.

Während in Alexandria, einem damaligen Zentrum der Wissenschaften, die Erkenntnisse des Eratosthenes weiter gepflegt wurden, kehrten die Römer später zur Vorstellung der Erde als einer runden, im Meer ruhenden Scheibe zurück. Noch Kolumbus lehnte die Kugelgestalt der Erde ab, er stellte sie sich in Form einer Birne vor. Als 1522 nach drei­jähriger Weltumsegelung und Entdeckung des ­Pazifischen Ozeans eines der Schiffe aus ­Magellans Flotte nach Sevilla zurückkehrte, war die Kugelgestalt der Erde nicht mehr zu bezweifeln. Das Zeitalter der Entdeckung der außereuropäischen Welt gab dem Bild der Erde als einer runden Scheibe den ­Todesstoß.

Von der Antike bis zum Beginn der Neuzeit herrschte die Vorstellung vor, die Erde ruhe im Zentrum des Universums. Der Philosoph ­Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) entwarf die Vorstellung, das Universum sei durch konzen­trische Kugelschalen, die Sphären, unterteilt, deren äußerste die Fixsterne beherbergt.

Sphärenmodell des Aristoteles
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Nach innen folgen die Sphären der Planeten Saturn, Jupiter und Mars, der Sonne, der Planeten Venus und Merkur und die des Mondes, den man auch zu den Planeten rechnete. Darunter folgen schließlich die Sphären des Feuers, der Luft, des Wassers und der Erde. Die beobachtete Bewegung der Fixsterne erklärte man mit einer gleichmäßigen Rotation der Fixsternsphäre. Die kreisförmigen Bewe­gungen der Himmelskörper waren nach Ansicht von Aristoteles ein Abbild der makel­losen, himmlischen, ewigen Abläufe. Irdische Bewegungen hingegen waren immer ziel­gerichtet und damit endlich.

Der Astronom Ptolemäus von Alexandria (85 – 160 n. Chr.) wandelte das Modell der ­Sphären ab, um bessere Übereinstimmung ­zwischen Vorhersage und Beobachtung zu erzielen. Zwar nahm auch er an, die Erde ruhe im Zentrum des Universums und die Fixstern­sphäre rotiere gleichmäßig. Für die Sonne ­musste er aber eine Kreisbahn mit Mittelpunkt außerhalb der Erde annehmen.

Aufgrund der im Vergleich zur Erde unterschiedlichen Umlaufzeiten der Planeten um die Sonne beschreiben die Planeten Schleifenbewegungen vor dem Himmelshintergrund.

Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Schleifen des Mars am Himmel in verschiedenen Jahren

Um diese Schleifenbahnen zu erklären, nahm Ptolemäus an, der Planet bewege sich gleichmäßig auf einem Hilfskreis, dem Epi­zykel, dessen Mittelpunkt seinerseits die Erde auf einem großen Kreis, dem Deferent, gleich­mäßig umkreist.

Epizykelmodell nach Ptolemäus
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Auch diese Konstruk­tion reichte nicht in allen Fällen, sodass ­Ptolemäus sich auf den Epizykeln weitere Epizykeln abrollend denken ­musste.

Das wurde als Mangel angesehen, denn man erwartete, dass für die Gestirne als göttliche Wesen nur ideale Bewegungen, nach damaliger Auffassung also nur gleichförmige Kreisbewegungen, in Frage kämen.

Das heliozentrische Weltbild

Schon der griechische Philosoph Aristarch von Samos (ca. 320 – 250 v. Chr.) versuchte, die beobach­teten Bewegungen der Himmels­körper mit der Vorstellung zu erklären, die Sonne ruhe und die Erde bewege sich. Diese Auffassung blieb etwa 1 800 Jahre lang nahezu vergessen.

Erst Nikolaus Kopernikus (1473 – 1543) griff in seinem 1543 erschienenen Werk „De revolutionibus orbium coelestium“ (Über die himm­lischen Kreisbewegungen ) die helio­zentrische Vorstellung wieder auf und zeigte, dass damit die Planetenschleifen einfacher erklärt werden können als mit dem ptolemäischen System.

Unser Sonnensystem (Größen und Entfernungen nicht maßstäblich!)
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Die Bedeutung der von Kopernikus vertretenen Vorstellung liegt nicht nur darin, dass er die Planetenbewegungen einfacher beschreiben konnte. In seinem Weltmodell nimmt die Erde, also der Wohnplatz der Menschen, keine ­Sonderstellung ein, sondern ist ein Planet neben anderen. Das konnten die Menschen zur damaligen Zeit aus religiösen Gründen nur schwer akzeptieren. Sie waren der Über­zeugung, dass die Erde im Kosmos einen ausgezeichneten Platz haben müsse, weil Gott sie mit Menschen bevölkert hatte.

Es dauerte deshalb rund 100 Jahre, bis die Vorstellung des Kopernikus weithin akzeptiert war. Dieses Umdenken bezeichnet man als kopernikanische Wende.

Unabhängig von der Einordnung in das ­heliozentrische oder geozentrische Weltbild ­be­wegen sich die Planeten vor dem festen Fixsternhimmel (griech. planeo = ich bewege mich). Die Bahn der Planeten lässt sich im heliozentrischen Weltbild leichter und logisch nachvollziehbar erklären.

Das Weltbild der Neuzeit

Phasen der Venus, von Galilei mit diesem Fernrohr entdeckt.
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Galileo Galilei (1564 – 1642) festigte das heliozentrische Weltbild durch Entdeckungen, die er mit dem erst 1608 erfundenen Fernrohr machte:

  • Der Mond hat Krater und Gebirge wie die Erde.

  • Die Sonne hat Flecken, deren Zahl und ­Größe sich ändert. Sie ist also kein makel­loses, unveränderliches, göttliches Himmelsfeuer.

  • Der Planet Jupiter hat mehrere Monde.

    Er bildet also selbst ein kleines „Planetensystem“, sodass das Planetensystem der Sonne mit der Erde nicht einzigartig ist.

  • Der Planet Venus kann ähnlich wie der Mond Sichelgestalt zeigen. Planeten sind also von der Sonne beleuchtete Körper.

Diese Beobachtungen zusammen besagen, dass für alle Körper im Weltraum die gleichen Naturgesetze zu gelten scheinen und dass die Erde nur ein Weltraumkörper unter vielen anderen ist. Dies führte dazu, dass Galilei 1633 in einem Inquisitionsprozess gezwungen ­wurde, dem heliozentrischen Weltbild abzu­schwören. Er erhielt für den Rest seines ­Lebens Hausarrest.

Der dänische Astronom Tycho Brahe (1546 –  1601 ) verfeinerte noch vor Erfindung des Fernrohres in seinem Privatobservatorium auf einer dänischen Insel die Beobachtungstechnik derart, dass er die Positionen von Sternen im günstigsten Fall bis auf zwei Bogenminuten, das sind 0,033° genau, messen konnte. Es war sein Ziel, durch genaue Beobachtungen sowohl das ptolemäische als auch das koper­nikanische Modell zu widerlegen und ein ­eigenes Kompromissmodell zu bestätigen. Brahe starb, ehe er seine Messungen aus­werten konnte.

Die Messprotokolle Brahes wurden Johannes Kepler (1571 – 1630), seinem früheren Assisten­ten und Nachfolger als kaiserlicher Hofastronom, übergeben. Kepler, der wegen eines Augenfehlers kaum eigene Messungen anstellte, bemühte sich, mit Brahes Messun­gen der Marsbewegung das kopernikanische ­System zu bestätigen. Der winzige Unterschied von 0,13° zwischen Rechnung und Be­obachtung veranlasste Kepler allerdings, seine mathe­matischen Ansätze zu überprüfen. Obwohl es ihm aufgrund seines Geometrie- und Ästhetik­verständnisses schwerfiel, gab Kepler endgültig das aus der Antike überlieferte Modell auf, die Himmelskörper könnten nur ideale Bewegungen, nämlich gleichförmige Kreis­bewegun­gen, ausführen. Kepler ging in seinen drei Kepler’schen Gesetzen nun vielmehr von Ellipsen als möglichen Planetenbahnen aus, die eine bessere Übereinstimmung mit Brahes Messungen zuließen.

Elliptische Kometenumlaufbahn (auch Planetenbahnen sind leicht elliptisch)
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Erst einige Zeit später konnte der englische Physiker Isaac Newton (1643 – 1727) die Kepler’schen Gesetze durch die Gravitationstheorie erklären. Sie geht davon aus, dass sich alle Körper, egal ob irdische oder Himmels­körper, aufgrund ihrer Masse gegenseitig an­ziehen. Daraus ergaben sich die Kepler’schen Gesetze als Sonderfall der Newton’schen ­Gravitationstheorie. Eine große gedankliche Leistung Newtons bestand darin, die Himmelsmechanik und die irdische Mechanik, die seit Aristoteles als streng getrennt zu sehen waren, mit Hilfe der Gravitationstheorie zu vereinigen.

Auch in der heutigen Zeit wandeln sich die Modelle über den Aufbau der Welt. So sagte beispielsweise Albert Einstein (1879 – 1955) mit seiner Relativitätstheorie voraus, dass Lichtstrahlen von massereichen Körpern ab­gelenkt zu werden scheinen (was aber an der ­Beeinflussung der Raumgeometrie durch die Masse liegt). Einige Jahre später konnte dies bestätigt werden, als während einer totalen Sonnenfinsternis die Ablenkung von Lichtstrahlen weit entfernter Sterne in der Nähe der massereichen, verdunkelten Sonne be­obachtet werden konnte.

Lichtablenkung nach Einstein
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd