Impulse Physik Oberstufe eWissen
Demoversion-Bild

Der deutsche Physiker Wilhelm Bessel untersuchte 1826 die Abhängigkeit der Fallbeschleunigung g von der geografischen Breite mit Hilfe eines Pendels. Er konnte nachweisen, dass g an der Erdoberfläche vom Äquator zu den Polen hin kontinuierlich zunimmt. Hierzu bestimmte er die Periodendauer des Pendels.

Das Fadenpendel

Lenkt man einen an einem Faden hängenden Körper aus seiner Ruhelage aus, so kann er um diese Ruhelage schwingen. Man spricht von einem Fadenpendel.

Manfred Grote

Bei der Schwingung tritt ein periodischer Wechsel zwischen der Höhenenergie und der Bewegungsenergie des Pendelkörpers auf, wobei das Prinzip der Energieerhaltung gilt. Zunächst soll geklärt werden, ob es sich bei dieser Bewegung um eine harmonische Schwingung handelt.

Energetische Betrachtung

Der Pendelkörper der Masse m bewegt sich auf einem Kreisbogen. Der Winkel φ kann als Maß für die Auslenkung verwendet werden.

Fadenpendel
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Wird φ im Bogenmaß gemessen, so ist φ=sl, wenn l die Länge des Pendels und s die Elongation bezeichnet.

Eine harmonische Schwingung liegt dann vor, wenn die Höhenenergie EH quadratisch von der Elongation s abhängt.

Energieterme beim Fadenpendel
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Wie die Abbildung zeigt, gilt:

EHs=m·g·h=m·g·l·1-cossl

Die genannte Bedingung ist bei einem Fadenpendel nicht erfüllt, es liegt also keine harmonische Schwingung vor.

Betrachtung der Kräfte

Alternativ kann die Überprüfung durch eine Analyse der Kräfte erfolgen. Auf den Pendelkörper wirkt die Gewichtskraft FG. Sie besitzt an jedem Punkt der Bahnkurve eine Komponente Frad radial und eine Komponente Ftan tangential zur Kreisbahn. Über den Faden wirkt eine Kraft, die Frad aufhebt.

Fadenpendel
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Während der Schwingung muss der Faden zusätzlich eine Zentripetalkraft FZ aufbringen, die den Pendelkörper auf der Kreisbahn hält. Die radialen Komponenten haben auf die Bewegung des Pendels keinen Einfluss, da sie senkrecht zur Bewegungsrichtung des Pendelkörpers wirken.

Die Rückstellkraft FR ergibt sich demnach allein aus der tangentialen Komponente der Gewichtskraft:

FR=FG·sinφ=m·g·sinφ=m·g·sinsl

Es zeigt sich, dass das lineare Kraftgesetz nicht erfüllt ist, also keine harmonische Schwingung vorliegt.

Betrachtet man allerdings kleine Winkel, dann kann die Länge s näherungsweise durch x ersetzt werden. Aus sinφ=xl wird sinφsl und für die Rückstellkraft gilt nun:

FR=m·g·sinslm·g·sl=m·gl·s
Näherung für kleine Winkel
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Für kleine Amplituden ist FR proportional zu s, und das Fadenpendel schwingt harmonisch. Die Konstante D im Kraftgesetz ergibt sich zu D=m·gl. Damit berechnet sich die Periodendauer eines Fadenpendels bei kleinen Amplituden zu

T=2π·mD=2π·lg

Die Periodendauer ist anders als beim Federpendel unabhängig von der Masse des Pendelkörpers. Das liegt daran, dass sich mit der Masse einerseits die hemmende Trägheit, andererseits aber auch die beschleunigende Gewichtskraft ändert.

Da die Periodendauer von der Fallbeschleunigung g am Messort abhängt, eignet sich das Fadenpendel dazu, diese Größe zu bestimmen.

Ein Fadenpendel schwingt bei kleinen Amplituden harmonisch. Dann gilt für die Periodendauer

T=2π·lg