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Demoversion-Bild
2 Schwingungen

Überlagerung von Schwingungen


Man kann die Vokale a, e, i, o, u in der von einer Stimmgabel vorgegeben Frequenz singen. Trotz dieser Übereinstimmung kann man die Vokale unterscheiden – warum ist das so?

Schwingungsbilder

Wir nehmen die Umwelt über unsere Sinnesorgane wahr. Sie empfangen Reize und setzen sie in Nervensignale um, die vom Gehirn verarbeitet werden. Das Ohr ist der Empfänger für akustische Reize, diese bewirken Schwingungen des Trommelfells. Das kann sich nur auf eine Weise bewegen.

Mit Mikrofon und Oszilloskop lassen sich akustische Signale sichtbar machen. Bei einer angeschlagenen Stimmgabel erscheint eine Sinuskurve, ein in gleicher Tonhöhe auf einer Klarinette gespieltes „A“ erzeugt eine recht komplexe Kurve, die aber eine zeitliche Periodizität aufweist.

Schwingungsbilder eines Tons, erzeugt von einer Stimmgabel ...
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd
... und von einer Klarinette.
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Die unterschiedlichen Bilder führen dazu, dass die Signale unterschiedlich wahrgenommen werden.

Mit einem Versuch kann die Entstehung der Schwingungsbilder untersucht werden: Ein Pendelkörper, der an einer losen Rolle hängt, wird mit zwei Stativstangen, die als Pendel dienen, zum Schwingen gebracht.

Überlagerung von Pendelschwingungen
Manfred Grote, Lüchow

Ein Ultraschallsensor unterhalb des Pendelkörpers zeichnet dessen Bewegung auf. Schwingen die Pendel mit gleicher Frequenz, ergeben sich folgende Diagramme bei gleichphasiger bzw. gegenphasiger Schwingung.

Überlagerung bei gleicher Frequenz und gleichphasiger Schwingung
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd
Überlagerung bei gleicher Frequenz und gegenphasiger Schwingung
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Aufzeichnung der Überlagerung der Pendelschwingungen

Überlagerung bei gleicher Frequenz

Wenn man davon ausgeht, dass die beiden Pendel im Versuch harmonisch schwingen, dann lassen sich ihre Bewegungen durch folgende Gleichungen beschreiben:

s1t=s1M·sin2π·f1·t
s2t=s2M·sin2π·f2·t+φ

Für die Elongation des roten Pendelkörpers gilt zu jedem Zeitpunkt st=s1t+s2t. Man spricht bei diesem Vorgang von der Überlagerung der Schwingungen der beiden Pendel. Das t-s-Diagramm erhält man durch eine Addition der Elongationen zu jedem Zeitpunkt.

Die folgenden Abbildungen zeigen das Ergebnis für f1=f2. Die Addition führt in allen Fällen zu einer Sinuskurve, deren Amplitude jeweils von der Phasenverschiebung φ abhängt.

Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Ergebnis der Überlagerung zweier Schwingungen abhängig von φ

Bei der Überlagerung harmonischer Schwingungen mit gleicher Frequenz bzw. Periodendauer entsteht eine harmonische Schwingung mit der gleichen Frequenz.

Überlagerung bei verschiedener Frequenz

Nun betrachtet man Schwingungen, deren Frequenzen f1 und f2 sich geringfügig unterscheiden. Bei ihrer Überlagerung entsteht ein Schwingungsbild wie in der folgenden Abbildung.

Schwebung durch Überlagerung zweier Schwingungen mit leicht unterschiedlichen Frequenzen
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Die Amplitude schwankt mit einer Frequenz, die viel kleiner ist als die Frequenz der durch Überlagerung entstandenen Schwingung. Diesen Fall bezeichnet man als Schwebung. Die Frequenz, mit der die Amplitude schwankt, heißt Schwebungsfrequenz, sie beträgt fS=f1-f2. Bei akustischen Signalen äußert sich eine Schwebung durch eine periodisch schwankende Lautstärke des Tones. Sie tritt z.B. beim Stimmen eines Klaviers auf. Nimmt der Klavierstimmer die Schwebung nicht mehr wahr, schwingen Klaviersaite und Stimmgerät mit gleicher Frequenz.

Die Überlagerung von Schwingungen kann zu sehr komplexen Schwingungsbildern führen, die oft trotzdem zeitlich periodisch sind. Dabei spielt das Verhältnis der Frequenzen der beteiligten Schwingungen eine Rolle.

Überlagerung zweier Schwingungen mit deutlich unterschiedlichen Frequenzen
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

In einem geeigneten Programm kann man die Funktionsgleichungen s1t und s2t sowie st=s1t+s2t eingeben und untersuchen, wie das Ergebnis von den Parametern abhängt. Man kann so ein experimentell gefundenes Ergebnis nachbilden und auf diese Weise analysieren.

Überlagerung der Schwingungen s1(rot) und s2(grün)
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Darstellung im Zeigermodell

Grundsätzlich lässt sich eine harmonische Schwingung mit Amplitude sM und Frequenz f durch einen Zeiger mit der Länge sM beschreiben, der mit der Winkelgeschwindigkeit ω=2π·f rotiert. Zwei Schwingungen werden entsprechend durch zwei Zeiger dargestellt, die um einen gemeinsamen Punkt rotieren. Der Pfeil für das Überlagerungsergebnis ist die Vektorsumme der Ausgangspfeile.

Überlagerung zweier Schwingungen in der Zeigerdarstellung
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Er ändert seine Länge, wenn die beiden Ausgangspfeile mit unterschiedlicher Winkelgeschwindigkeit rotieren. Die folgende Abbildung zeigt diese Situation zu zwei verschiedenen Zeitpunkten.

Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Überlagern sich zwei beliebige harmonische Schwingungen gleicher Frequenz, so ist das Ergebnis eine harmonische Schwingung gleicher Frequenz.

Die Überlagerung zweier harmonischer Schwingungen mit verschiedener Frequenz ergibt eine anharmonische Schwingung.

Bei der Überlagerung zweier harmonischer Schwingungen ist der Zeiger der Überlagerung die Vektorsumme der Einzelzeiger.

Synthese und Analyse von Schwingungen

Bei vielen praktischen Vorgängen entstehen neben der harmonischen Grundschwingung (Frequenz f0) auch sogenannte Oberschwingungen (Frequenzen fn=n+1·f0) mit unterschiedlichen Amplituden sM,n, die sich überlagern.

Synthese einer Rechteckschwingung
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Von großer praktischer Bedeutung ist auch das umgekehrte Verfahren, bei dem eine gegebene komplexere Schwingung analysiert wird. Die Grundidee geht auf den französischen Mathematiker Jean Baptiste Fourier (1768 – 1830) zurück. Sie bringt die Bedeutung der harmonischen Schwingung als Baustein für beliebige Schwingungsformen zum Ausdruck.

Dabei wird für eine zu untersuchende Schwingung mit der Periode T0 zunächst eine harmonische Grundschwingung (f0=1T0) bestimmt. Anschließend werden schrittweise die Amplituden der Oberschwingungen fn angepasst.

Fourier-Analyse
Marzell, Alfred, Schwäbisch Gmünd

Das Ergebnis dieser Fourier-Analyse stellt man in einem Frequenzspektrum dar, bei dem jeder beteiligten Frequenz die ermittelte Amplitude zugeordnet wird.