Lösung Aufgabe 2
Massachusetts:
Nach der Deindustrialisierung, die auch Boston als Teil des früheren Manufacturing Belts mit seinen traditionellen Branchen betraf und für eine hohe Arbeitslosigkeit sorgte, lag die Basis des neuen Aufschwungs im Wissenschaftssektor. Berühmte Universitäten (z. B. Harvard), zahlreiche andere Hochschulen und Institute, die überwiegend im Kern des Großraums Boston liegen, sowie das 1861 gegründete MIT (Massachusetts Institute of Technology) brachten hoch qualifizierte Absolventen hervor, besonders auch in den Bereichen Wirtschaftswissenschaften und Technik-, Natur- und Ingenieurswissenschaften (Elektronik, IKT …). Sie gründeten entlang der Route 128 zahleiche Betriebe des Hochtechnologiesektors, der Computer- und Softwarebranche. Zu ihnen gehören im Norden die Standorte von Siemens und der beiden bei Unternehmenssoftware weltweit führenden Konkurrenten SAP und Oracle. Die staatliche Förderung dieses Prozesses beschleunigte und bestärkte die Entwicklung zum heute führenden Hightech-Standort der USA vor Kalifornien – mit mehreren tausend Firmen unterschiedlichster Größe und über 250 000 Beschäftigten (2009).
Genutzt wird das wissenschaftliche Potenzial von Forschung und Entwicklung in Clustern von universitären Einrichtungen und entsprechenden industriellen Nutzern. Ein Beispiel liefert Cambridge mit der Harvard University. Besonders im Südosten der Universität haben sich zahlreiche Betriebe angesiedelt, die Forschungsergebnisse übernehmen und im Hinblick auf eine wirtschaftliche Nutzung weiterentwickeln. Dabei sind die Branchenbezeichnungen der Schwerpunkte selbstredend: Life Science*, Hightech-Industrie und Erneuerbare Energien. Die stärkste Clusterbildung mit der unmittelbaren Nähe von wissenschaftlichen Einrichtungen und industriellen Nutzern befindet sich dabei am Charles River.
Zwar sind die letzten verfügbaren Zahlen zur Beschäftigten- und Gehaltsentwicklung nicht ganz aktuell, sie spiegeln aber eine typische Tendenz wider, die zum Problem für das „Massachusetts Miracle“ wird. Die Gehälter liegen besonders hoch, und zwar ähnlich wie im Silicon Valley und damit fast 20 000 US-$ über dem durchschnittlichen US-Jahresverdienst in der Hightech-Industrie. Ein direkter Konkurrent wie Texas liegt dagegen deutlich niedriger. So werden vor allem in den Hauptbranchen von Massachusetts, elektronische Instrumente, Software, Computer-Systemtechnik und Forschung, Gehälter von knapp 100 000 bzw. meist 110 000 bis 120 000 US-$/ a gezahlt. Alleine in diesen Branchen arbeiten aber rund 150000 Beschäftigte. Die Gefahr dieser hohen Gehälter zeigt die Entwicklung der Beschäftigtenzahl. Hier ergibt sich am ehesten ein Einspar-Potenzial, z. B. bei schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie im Jahr der Finanzkrise 2009 – zwischen 2001 und 2009 sank die Zahl der Beschäftigten in den Hightech-Industrien von Massachusetts immerhin um ca. 50 000.
Zieht man ein Fazit im Hinblick auf die Frage in der Überschrift, so kann dieses lauten: Hightech sichert Massachusetts und vor allem dem Großraum Boston ohne Zweifel die Zukunft, besonders wenn man bedenkt, dass die auf dieser Doppelseite genannten Branchen wirklich zukunftsweisend sind. Die Tragfähigkeit dieser Entwicklung kann allerdings dann infrage gestellt werden, wenn ein wichtiger Teilaspekt – wie hier das Gehaltsniveau der hoch qualifizierten Arbeitskräfte – zu einem Nachteil gegenüber konkurrierenden Räumen wird. [* Life Science: nach Wikipedia auch „Biowissenschaften“: „Außer der Biologie umfassen sie auch verwandte Bereiche wie Medizin, Biomedizin, Biochemie, Molekularbiologie, Biophysik, Bioinformatik, Humanbiologie, aber auch Agrartechnologie, Ernährungswissenschaften und Lebensmittelforschung, bis hin zu wissenschaftlicher Aufarbeitung biogener natürlicher Ressourcen und Biodiversitätsforschung. Das Methodenspektrum kann fast das gesamte naturwissenschaftliche Geräteund Analyseninventar umfassen und auch in Bereiche der Human- und Sozialwissenschaften hineinreichen. Die methodische Arbeit und das theoretische Rüstzeug ist demzufolge häufig stark interdisziplinär, hat aber einen klaren Bezug zu Lebewesen und insbesondere zum Menschen. Damit bildet es eine ähnliche moderne wissenschaftliche Großgruppe wie beispielsweise die Humanwissenschaften.“]
Dubai:
Die wirtschaftliche Struktur wird in der Golfregion insgesamt von der Erdöl- und Erdgasförderung dominiert, von den Lieferwegen für Öl und Gas sowie der Weiterverarbeitung des Erdöls in Raffinerien. Zu sehen ist eine Fülle an On- und Offshore- Vorkommen, vor allem zwischen Kuwait und den vereinigten Arabischen Emiraten. Fördergebiete für Erdgas gibt es allerdings nur im Iran sowie in Saudi-Arabien und Bahrain. Dieses Erdgas wird weitgehend als Energierohstoff in den Ländern selbst verwertet. Zahlreiche Ölhäfen an den Küsten sowie auf Inseln dienen besonders dem Export des Erdöls durch die Straße von Hormus. Die Raffinerien in allen Golfstaaten, mit einer Konzentration in Kuwait, zeigen allerdings, dass Öl auch in den Ländern selbst weiterverarbeitet wird. Dadurch findet z. B. eine eigene Treibstoffproduktion statt, es werden aber auch Grundstoffe für eine petrochemische Folgeindustrie erzeugt. In Dubai kommt noch ein Standort der energieintensiven Aluminium-Industrie hinzu. Gerade Dubai ist allerdings in der Karte 6 schon von der Tertiärisierung geprägt, nämlich als Finanz-, Handels- und Logistikzentrum.
Dubai weist insgesamt eine differenzierte Struktur auf. Da sind zum einen die gewerblich orientierten Stadträume, wie die ausgedehnten Industrie- und Gewerbeflächen in der Freihandelszone von Jebel Ali mitsamt einem Containerhafen. An sie schließen sich weitere geplante Flächen an, auf denen einerseits der wirtschaftliche Ausbau vorangetrieben wird, andererseits aber auch der neue internationale Großflughafen entstehen soll (Dubai World Central). Weitere Gewerbeflächen gibt es auch innerhalb der eigentlichen Stadt mit ihrer Wohnbebauung. Zum Zweiten wird die Stadt durch Einrichtungen der Freizeit, der Erholung und des Tourismus geprägt. Am auffälligsten sind die vorhandenen und noch geplanten Tourismusprojekte im küstennahen Meer – von den „Palmen“ bis hin zur Dubai Waterfront. Ergänzt wird der touristische Bereich massiv durch verschiedene Einrichtungen auf dem Festland, wie Luxushotels (am bekanntesten Burj Al Arab), Freizeitpark, Sports City, Skihalle etc.
Einen weiteren Schwerpunkt bilden einerseits Kultur (Opera House, Festival City, Culture City), andererseits Kongresse und Zukunftstechnologien (Jebel Ali Business Centre, Dubai Investment Parks).
Ergänzt bzw. erschlossen werden alle funktionalen Bereiche durch ein modernes Verkehrsnetz. Neben den mehrspurigen Hauptstraßen ist hier vor allem die Monorail zu nennen, die die City mit dem touristisch bedeutenden Raum an der Jumeirah Palm und dem Burj Al Arab verbindet. Hinzu kommen Häfen und Flughäfen, beide von höchstem internationalen Rang. Insgesamt spiegeln große Teile der Struktur die zwei vorrangigen Standbeine für Dubais Zukunft wider, nämlich „Dubai for Business“ und „Dubai for Tourism“.
Eine Einschränkung im Hinblick auf die selbst gemalte rosige Zukunft zeigt allerdings Text 12. Zwar sind die VAE immer noch ein führender Erdöl- und Erdgasproduzent, das trifft aber nicht mehr auf das Emirat Dubai zu. Die Ölindustrie trägt hier nur noch etwas mehr als 3 % zum BIP bei. Das heißt, dass wesentliche Einnahmen zur Finanzierung der Zukunftsprojekte verloren gegangen sind. Durch andere Bereiche konnten sie aber offensichtlich noch nicht kompensiert werden, wie der Schuldenstand von 150 Mrd. US-$ zeigt. Er liegt damit fast doppelt so hoch wie das jährliche BIP Dubais von 80 Mrd. US-$. Momentan ist man auf die finanzielle Unterstützung des Nachbarn Abu Dhabi angewiesen und damit von diesem Nachbarn auch ein Stück weit abhängig.
Das Fazit im Hinblick auf die Überschrift ist also nicht eindeutig positiv. Grundsätzlich ist die Entwicklung mit der Konzentration auf die beiden genannten Standbeine zwar zukunftsfähig und schafft Perspektiven, die man nach dem Ende des Öls in anderen Sektoren benötigt. Das Problem der Finanzierbarkeit der gigantisch angelegten Einzelprojekte ist aber nicht wegzudiskutieren.
Angola:
Angola liegt im Südwesten Afrikas am Atlantischen Ozean. Das Land ist weitgehend von Steppe und vor allem Savannen geprägt, Tropischer Regenwald kommt nur vereinzelt in der Nordhälfte vor. Ebenso inselhaft gibt es Flächen für den Ackerbau mit einem Schwerpunkt östlich von der Hauptstadt Luanda. Angebaut werden Hirse für den Eigenbedarf sowie Sisal, Zuckerrohr und Kaffee, typische Cash Crops für den Export. Bodenschätze sind vorhanden. Östlich von Luanda gibt es Eisenerz und Stahlveredler, doch fehlen noch entsprechende Folgeindustrien. Anders ist das bei den Erdölvorkommen mit Land- und Küstenlage bei Luanda sowie besonders vor der Nordwestküste im Offshore- bzw. Tiefsee-Bereich. Nach 2000 hat die Förderung stark zugenommen und soll im Jahr 2020 rund 120 Mio. Tonnen erreichen. Gefördert wird bisher zu zwei Dritteln von Auslandsfirmen (u. a. aus China) sowie zu einem Drittel von dem einheimischen Unternehmen Sonangol. Neben den Exporten, die rund 97 % aller Ausfuhren ausmachen, findet auch schon eine Weiterverarbeitung im Land selbst statt, und zwar in den beiden Raffinerien in Luanda und Lobito. Ein letzter, aber u. a. auch für den Export wichtiger Bodenschatz sind die Diamantenvorkommen im Nordosten des Landes. Weitere Industrien neben den Erdöl-Raffinerien sind die Metallindustrie, die Textil- und die Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Hinzu kommt im SW bei Namibe die Fischveredlung (fischreiche Gewässer des Benguelastroms). Luanda als einzige Millionenstadt dominiert im Siedlungsbereich genauso wie in der Verdichtung von Industrie. Hinzu kommen noch einige nennenswert große Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern, vor allem die ‚Doppelstadt‘ Lobito – Benguela. Straßen bilden die wichtigsten Erschließungswege, ergänzt durch ein relativ spärliches Eisenbahnnetz.
Erdöl spielt also eine besondere Rolle in Angola und stellt die Basis dar für einen starken wirtschaftlichen Aufstieg des Landes, sodass man sogar von einem „angolanischen Wirtschaftswunder“ spricht. Eine wichtige Rolle hierfür kommt China zu, mit dem Angola enge Kooperationen eingegangen ist. Wie sehr China Afrika insgesamt im Visier hat, zeigen zwei Beispiele: Der Warenhandel mit Afrika ist von wenigen Milliarden US-$ im Jahr 1995 auf über 125 Mrd. US-$ im Jahr 2010 gestiegen (Ex- und Importe in etwa mit gleichen Anteilen). Und die Tendenz scheint weiter nach oben zu gehen. Ein anderes Beispiel sind die Investitionen. Immerhin flossen zwischen 2005 und 2010 13,8 % aller chinesischen Auslandsinvestitionen nach Subsahara-Afrika, zusammen mit Nordafrika und dem Nahen Osten waren es sogar 30,3 %. Dieses Engagement liegt mit Sicherheit weit über dem anderer Staaten.
Der wirtschaftliche Aufschwung Angolas spiegelt sich in hohen Wachstumsraten wider sowie in der Tatsache, dass das Land heute die drittgrößte Volkswirtschaft Afrikas darstellt (hinter den deutlich einwohnerstärkeren Ländern Nigeria und Südafrika). Außerdem hat man beim Erdölexport Nigeria als größtes Lieferland Afrikas abgelöst. Symbol des Aufstiegs ist die Hauptstadt Luanda mit starkem Bevölkerungs- und Flächenwachstum, reger Bautätigkeit und ersten Wolkenkratzern. Maßgeblich am Aufschwung beteiligt sind die „neuen Handelspartner, … vor allem die Chinesen. … Seit Angola zu ihrem weltweit wichtigsten Öllieferanten [!] aufgestiegen ist, sind sie im Land allgegenwärtig.“ (Text 16) Allerdings gibt es auch Probleme, die das „Wirtschaftswunder“ noch relativieren: Leer stehende Siedlungen, deren Mietpreise keiner bezahlen kann; Slums in der zu schnell wachsenden Hauptstadt Luanda; Smog, Müllberge und Stau in Luanda; eine extreme Spaltung der Gesellschaft mit über 50 % Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, aber auch mit einer vom neuen Reichtum stark profitierenden Oberschicht; die Dominanz der Chinesen, die wie eine „Nebenregierung“ handeln und „eigene Regeln“ aufstellen.
Das Fazit für Angola ist also ambivalent. Einerseits profitiert man neben den Ölvorkommen von der engen Kooperation mit dem Globalisierungsgewinner China. Das ostasiatische Land beteiligt sich an der Ölförderung, baut Straßen, Eisenbahnen, Hochhäuser und ganze Siedlungen, Fabriken und Krankenhäuser und stärkt z. B. den Finanzsektor (chinesische Export-Import- Bank, China Investment Fund). Andererseits „wird Angola mit Billigwaren Made in China überflutet“ und vor allem schreitet die Spaltung der angolanischen Gesellschaft massiv voran.
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